Freitag, 9. August 2013

5. Die Nordgaster Mühle


Nach dem weiten Bogen um den Zweiständerhof herum erreicht die Kleinbahn die große Nordgaster Mühle. Ein dreistöckiger Galerieholländer mit Müllerhaus und Lagerboden. 
Das Modell ist ein 'Freelance'-Nachbau der Westgaster Mühle in Norden:


Entstanden ist das Modell aus Auhagen-Baukastensystemteilen (Mauerwerk, Türen, Tore und Fenster sowohl des Müllerhauses als auch des unteren Achtkantes der Mühle), einer Fallermühle (mit selbstgefertigten Teilen des hölzernen Achtkantes aus Pappe und Schleifpapier als Teerpappenimitation) und vielen Mauerwerksplatten für die Mühle und Dachplatten für das Müllerhausdach. Dieses habe ich als in der Literatur als "blaue Dächer" bezeichnetes Dach, dass einst auf vielen landwirtschaftlichen Bauten Ostfrieslands gedeckt war, nachgebildet. "Blaue Dächer" spiegelten auf die Ferne das Himmelsblau und müssen aus dunkel lasiert gebrannten Ziegeln bestanden haben. Früher häufig, heute selten, entdeckte ich jüngst beim Glockenturm der Kirche in Greetsiel solche dunkelglänzend lasierte Dachziegel.
Bei mir entstand die Dachpfannenfarbe aus vier Teilen glänzendem dunkelblau und einem Teil seidenmattem schwarz.
Dazu jede Menge selbstgeschnitzter Kleinteile für die Windrose sowie den Fangstock mit feiner Kette von Weinert:


Erstmal eine Gesamtansicht des Müllerhauses, bevor wir ins Detail gehen mit einem Rundgang um das größte Gebäude meiner Segmente:


Die Bahn nähert sich vom Eckelement mit Vierständerhof kommend der Mühle von deren Mühlenseite und passiert zunächst den unteren Achtkant der Mühle. Mühle und Bahn trennt ein typischer Sandweg jener Zeit, der am Mühlenkomplex vorbeiführt und den Vierständerhof mit Klingsiel verbindet. Für den Sandweg fand Quarzsand von Busch Anwendung.


Die meisten Fotos dieser Serie entstanden vor dem Aufbau der Telegraphenleitung, die in der Gesamtansicht oben schon zu sehen ist. 
Von der anderen Seite bietet sich dieser Blick zurück zum Vierständerhof:



Gehen wir noch ein Stück weiter und sehen uns die Mühle von der Klingsieler Seite aus an:

Die Bahn führt hier im Hintergrund auf den wieder nur 28cm tiefen Segmenten vorbei.


Die Giebelansicht des Müllerhauses, diese ist wie beim Vorbild in Norden verputzt.


In der Tordurchfahrt des Müllerhauses direkt am unteren Achtkant der Mühle können die Getreidesäcke wettergeschützt über einen Seilzug auf den Speicherboden der Mühle gezogen werden, genauso werden die Produkte der Mühle auf gleichem Wege aufgeladen.


Vor dem Achtkant steht der Lieferwagen des Müllers abgestellt, mit dem er eigene Produkte seines Anteils ausliefert.


Ein Blick auf den seelenruhig dastehenden Schimmel des Bauern, der gerade Korn anliefert:


Sowohl dieses Pferd als auch der darüber gezeigte kleine Lieferwagen sind Modelle von Jordan Highway Miniatures und bringen etwas Abwechslung in das gewohnte Preiserbild, vor allem, wenn man Wagen und Pferde bunt mischt.

Auf der Galerie steht der Müller und schaut zufrieden in die Ferne:


Zwischenzeitlich haben die Segelflügel auch endlich ihre Segel erhalten, so dass auch bei schwachem Wind der Müller arbeiten kann. Die Segel bestehen aus sehr dünnem Krepp und wurden mäßig eingefärbt mit Serafilfäden an die Flügel geknotet:





Ein Knecht zerrt den Esel seines Bauern mit Mehlsack von der Mühle weg. Hier nimmt das Drama seinen Anfang, das später als die "Bremer Stadtmusikanten" bekannt wurde...
Esel, Hund und Hahn sind leicht zu finden, wer den vierten Protagonisten findet, hat...




...gute Augen!

Weiteres Motiv dieses Segmentes ist das Klappstau. Diese einfachen Stauwehre dienten dazu, das Wasser in den Entwässerungskanälen des Moor- und Marschlandes vor allem zwischen Weser und Elbe soweit anzustauen, dass sie mit einfachen Kähnen, den schon beim Kokermühlensegment angesprochen Viertel-, Halb- und Huntkähnen schiffbar wurden. Diese gebogenen Stauwehre waren in ihrem unteren Lager drehbar gelagert. Sie wurden von dem von oben kommenden Kahn soweit heruntergedrückt, dass der Kahn mit einem Schwung Wasser herübergleiten konnte. Aufwärts wurden die Kähne über das Klappstau gezogen, dazu war meist ein Stück Treidelpfad am Rande dieser Wehre. War der Kahn darüberhinweg, sorgte der Wasserdruck wieder dafür, dass das Klappstau hochgedrückt wurde.

Wer mehr über Schütt (einer noch älteren Stauvariante) und Klappstau erfahren möchte, folge dem hinterlegten Link.

Diese Vorbildszene regte mich zum Nachbau an:



Aus der Bauzeit des Segmentes dieses Bild, da die Einzelheiten des Klappstaus später mit dem drübergleitenden Viertelhuntkahn nicht mehr gut fotografisch einzufangen waren. Sowohl oberer als auch unterer Kanal sind noch ohne Wasser, aber auf dem leicht heruntergedrückten gebogenen Stau habe ich mit transparentem Windowcolor das herunterlaufende Wasser schon dargestellt.


Die gesamte Konstruktion ist aus feinen Eichenholzleisten aus dem Schiffsmodellbau nachgebaut, auch das Vorbild wurde aus Eichenholz gebaut.
In diesem Bereich können die Kähne nur gestakt oder gewriggt werden, da sowohl die Wegebrücke als auch die Bahnbrücke unterquert werden müssen und keinen Platz fürs braune Segel lassen. Hier wriggt Jan van Moor seinen Viertelhuntkahn, beladen mit Torfsoden, gerade über das Klappstau.








Die Torfsoden entstanden wie folgt: Aus einem Moor im Norden besorgte ich mir auf einer meiner Reisen eine Torfsode und ließ sie gründlich durchtrocknen. Anschließend schnitt ich ein Stück heraus und tränkte es mit einem Weißleim-Wasser-Gemisch und ließ auch dieses durchtrocknen. Mit einer scharfen Klinge schnitt ich zunächst Scheiben davon herunter, dann Streifen und aus diesen die Soden. Modell und Vorbild im Bild:


Die Buchseite mit den Abbildungen entstammt aus: Die Findorff-Siedlungen im Teufelsmoor bei Worpswede, Wolfgang Konukiewitz und Dieter Weiser, Edition Temmen 2012.

Die den Fleet im schrägen Winkel kreuzende Bahn bedingte eine ungewöhnliche kleine Bahnbrücke mit schräger Schwellenlage, frei nach einem Vorbild der ehemaligen Jan-Reiners-Bahn (Kleinbahn Bremen-Tarmstedt) nachgebildet, die eine ähnliche Brücke über den Torfkanal in Bremen-Findorff hatte.


Und ein Blick auf das sehr schöne Weinert "Mein Gleis", hier schon mit begonnener Patinierung während des Baus dieses Segments:



Als nächstes fährt unsere Bahn nach Klingsiel, dem letzten wieder etwas größeren Segment meiner Bahn. Als erstes kommt die Kirchwarft in den Blick mit einem typischen Kirchlein, wie es so oder ähnlich in vielen Dörfern Norddeutschlands zu finden ist.